Archiv für den Monat: August 2017

Tantra in Leipzig – Rundbrief 23

August 2017

Liebe Tantrika und Freunde in und um Leipzig,

der Sommer neigt sich dem Ende zu und nach Entspannung oder Reisen in entfernte Gegenden (weit weg oder kurz hinter dem Horizont des eigenen Wohnortes) kommen neue oder altbekannt Anforderungen auf uns zu. In diesem Rundbrief kannst du lesen, welche Tantra-Veranstaltungen in und um Leipzig geplant sind und ich möchte kleine Exkurse in die Advaita-Philosophie, Gesellschaft und Politik zur Anregung geben.

Ab 11.9. gebe ich einen verkürzten Tantra-Einsteigerkurs über 4 Montag-Abende, der im direkten Anschluss mit einen Tantra-II-Kurs über 8 Abende weiter geht. Damit möchte ich die vielen Leipziger ansprechen, die nach ersten Tantra-Erfahrungen gerne weiter machen wollten, aber sich noch nicht wieder gemeldet haben. Für sinnliche Erlebnisse gibt es wieder ein Massage-Wochenende mit systematischer Einführung, aber auch für Wiederholer ist immer etwas neues zu finden. Bei der Preisgestaltung probiere ich ein neues, Einkommensabhängiges Modell.

… Mit tantrischen Grundkenntnissen und einer persönliche Praxis helfen uns Rituale, ab und zu aus den Niederungen des Alltags heraus zu kommen und Früchte unseres Lebens zu genießen. Mit den Ritualen verbindet sich die Hoffnung, aus dem weiten Bekanntenkreis erfahrener Tantrika und Freunde hier in Leipzig einen Knotenpunkt im “Tantra-Gewebe” entstehen zu lassen, wo wir uns ab und zu in einem langsam wachsenden Freundeskreis sehen können. Verabrede dich mit alten und neuen Bekannten dazu…

  • Ölritual am 18.11. Ein neo-tantrisches Ritual zum Spüren und Nähren
  • Maithuna-Ritual am 16.12. für Paare mit Tantra-Erfahrung

Als kulturpolischen Erfolg sehe ich die Fortsetzung des Tantra-Einsteigerkurses in der Volkshochschule Zeitz, der aber auch noch zustande kommen muss. Vielleicht kannst du ja weiter empfehlen.

  • Beziehungskultur, Tantra-Einführung in der VHS-Zeitz, ab 25.11.2017 über 2 Samstage, 10:00 – 18:00 Uhr

Szene-Info

Und was gibt es sonst in der tantrischen Szene in und um Leipzig?

  • Thomas Becher (Momoart) gründet als neu geprüfter Heilpraktiker und langjähriger Tantra-Masseur eine Praxis und sucht Startkapital mit Hilfe von Startnext dabei erwähnt er gute Akupunkturkonzepte z.B bei Dyspareunie.
    Siehe www.startnext.com/natur-und-psyche
  • Agnieszka startet mit einem umfangreicheren Seminarprogramm, vor allem für Frauen. Siehe Agni-in-Leipzig
  • Sandy. die mit ihren Webseiten unter dem Stichwort Tantra hier sehr präsent ist, wird im Rahmen der geänderten Rechtsverhältnisse (siehe unten), ihre Fähigkeiten und Angebote mehr richtung Ayurveda und Schamanismus verschieben und sich räumlich verändern. Siehe Tantra-dream
  • Bei Sinnesart in Dresden gibt es eine Fülle von einzelnen Abendveranstaltungen unter dem Zeichen von Tantra, die ich nicht alle in den Überrgionalen Tantrakalender aufnehme. Siehe Sinnesart
  • Das neue Prostituiertenschutzgesetz ist mittlerweile offiziell in Kraft getreten, von dem wir befürchten müssen, dass es die Tantramassage juristisch und verwaltungstechnisch in die Prostitution einreiht. Demgegenüber steht die Anerkennung der Tantramassage-Ausbildung (bei AnandaWave nach den TMV-Qualitätskriterien) als Berufsausbildung mit Umsatzsteuerbefreiung wie es vom Verwaltungsgericht Köln im August 2015 entschieden wurde. In einer Stellungnahme schreibt der Tantramassage-Verband “Jegliche Art von gewerbsmäßiger Berührung im Intimbereich als ungelernte und oft unfreiwillige Prostitution aufzufassen, passt eher in den Geist der 50er und 60er Jahre … Wir brauchen ein Gesetz für Sexualpraktiker und kein Prostituiertenschutzgesetz”.
    Im Land Sachsen ist die Durchführungsverordnung für das Gesetz noch in Arbeit und wir können vielleicht noch etwas darauf Einfluss nehmen., weil Tantramassage inzwischen von Ärzten und Therapeuten häufiger ihren Klienten empfohlen wird als ergänzende Quelle für Heilung.

Advaita-Vedanta – Nondualität

Auf welchem Wege können wir das Leid unserer Anhaftungen überwinden? Ein sehr radikaler philosophicher Weg, der im indischen Mittelalter von Shankaracharya beschrieben wird, führt zur “direkten Verwirklichung des Selbst” durch die Einsicht, das die (duale) Welt nur Illusion ist. “Durch ununterbrochene Praxis (der Meditation) können wir Atman verwirklichen” und damit Sat-Chid-Ananda (Sein-Wissen-Glückseligkeit) erfahren. Die 9-Tätige Weiterbildung bei Yoga-Vidya zu diesem Thema brachte mich persönlich allerdings zu der Erkenntnis, das der Weg des philosophischen Jana-Yoga schwierig ist. Nach 30 Jahren Advaita-Forschung hat der wissenschaftlich gebildete Dozent auf diesem Wege keine Glückseligkeit erfahren können und uns empfohlen unsere Praxis von Yoga und Tantra fort zu setzen.

Mich hat diese Ausbildung darin bestärkt die kleinen Momente der einfachen Glückseligkeit viel mehr zu genießen und unser Mitgefühl schrittweise in uns selbst zu entwickeln und langsam über unsere Partner und Familie bis in die Welt auszudehnen. Eine Umfrage unter Yoga-Teilnehmern nach dem Urlaub ergab, das die Momente der Glückseligkeit (trotz ferner Urlaubsziele) am häufigsten beim ruhigen Zusammensitzen mit geliebten Menschen auf dem Balkon oder der Terrasse bei einer Tasse Tee, in der Betrachtung von Blumen oder anderen kontemplativen Tätigkeiten lag. Wenn diese Erkenntnis um sich greifen sollte, ist schon wieder die Konsumindustrie (und auch mein kleiner Seminarbetrieb) gefährdet.

Buchtipp

Eines der inspirierenden Bücher der letzten Zeit ist von M.B.Crawford “Die Wiedergewinnung des Wirklichen”, wo er den Begriff der Aufmerksamkeitsökonomie darlegt, wie in unserer materiell gesättigten Welt der Wettbewerb von der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen hin zur Erlangung unserer Aufmerksamkeit geht, als eine persönliche und begrenzte Ressource. Das Buch regt zu Gedanken an. Es ist inzwischen anerkannt, das von den meisten Produktpreisen die Hälfte für Werbung und Marketing verwendet wird. Eine philosophisch und gesellschaftliche bedenkliche Fehlentwicklung ist, das in unserer Kultur (in den USA noch etwas mehr als in Deutschland) die Aufteilung unserer Aufmerksamkeits-Spanne im öffentlichen Raum überwiegend von ökonomischen Interessen geleitet wird. In einer anderen Welt, in der unsere Aufmerksamkeit weniger von bunten bewegten Bildern von außen unter Dauerbeschuss genommen wird, sondern aus innerer Neugier und eigenen Interessen geleitet wird, könnten viele Produkte nicht nur zum halben Preis angeboten werden (dazu lohnt sich ein eigener Gedankengang), sondern die Aufmerksamkeit könnte sich auch mehr auf das Glück meditativer Kontemplation oder zwischenmenschlicher Kontakte verteilen. Dazu müssten die ökonomischen Interessen zurück gedrängt werden.

Das Problem ist komplex, wie ich an mir selbst merke. Einerseits kann ich jeden verstehen, der Rundbriefe sofort weg-klickt, andererseits wünsche ich mir natürlich Teilnehmer. Ohne “Werbung” würde ich die wunderbaren Geschenke, die Tantra für ein lebendiges Leben geben kann, gar nicht in die Welt bringen können.

Politik

Ein weiteres Ritual der nächsten Zeit ist in unserer Kultur die Bundestagswahl. Pro Forma ist es das wichtigste Ereignis der Demokratie in unserem Land. Ich möchte hier keine Wahlempfehlungen geben, aber aus einer tantrisch/yogischen Sicht von Satya (Wahrhaftigkeit)  gibt es nichts zu wählen. Wenn ich nur “das kleinere Übel” wählen kann, ist es schwer Ahimsa (Nichtverletzen) zu leben. In anderen Ländern ist die Wahlenthaltung als politisches Statement klarer etabliert. Es sollte die etablierten Regierungsvertreter zu etwas mehr Zurückhaltung auffordern, wenn ihre Macht nur eine dünne Legitimation hat und 40% der Wähler gar nicht für diese Zusammensetzung des Bundestages gestimmt haben, geschweige denn für diese Regierung. Leider sehe ich in der etablierten Politik aller Orten die Bedienung der Partikularinteressen von kapitalkräftigen Lobbyisten und rücksichtslose Ignoranz gegenüber der Zukunft unserer Kinder. Dagegen kommt ohnmächtige Wut auf, die wieder von mächtigen Meinungsmachern instrumentalisiert und missbraucht wird.

Lösungen für viele Probleme des gesellschaftlichen Zusammenlebens liegen jenseits der Parteipolitik. Direkte Demokratie ist da nur ein Stichwort. Leider muss eine menschliche Politik gegen verinnerlichte Glaubenssätze unserer Eltern, gegen etablierte Parteistrukturen und gegen die Medienmacht großer Konzerne erarbeitet werden. In der Vergangenheit musste dafür gekämpft werden. Ob sich heute mit einem friedlichen kulturellen Wandel mehr bewirken lässt? Das kann ich nur hoffen, gleichzeitig heißt  Satya (Wahrhaftigkeit) aber auch, gegen eklatantes Unrecht klar Stellung zu beziehen und mit Weisheit für eine besser Zukunft einzustehen.  Die verehrte tantrische Göttin Kali scheut sich nicht vor den “Ego-Köpfen” halt zu machen. Die dahinter verborgenen Menschen können wir als Tantrika dennoch als göttliche Wesen verehren. In einem Blogg unter www.kulturtempel.de versuche ich politische Meinung zu artikulieren, stehe da aber noch ganz am Anfang.

Das war jetzt einiger Input für den Geist, aber wer mich kennt weiß, das in den Veranstaltungen Sinnlichkeit, Leichtigkeit und emotionale Geborgenheit im Vordergrund stehen. So hoffe ich, den einen oder die andere von euch demnächst mal wieder zu sehen.

Viele Grüße und Namasté
Helfried