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Gemeinschaft und ein anarchistischer Umgang mit Gottheiten

Anregung zur Diskussion. In der Graswurzel-Revolution 504 erscheint mein „Plädoyer für einen anarchistischen Umgang mit Gottheiten“ mit der Idee, Tantra und Anarchie etwas mehr zusammenzubringen. Ich bin neugierig auf Reaktionen aus politisch aktiven Kreisen, aber auch aus spiritueller Perspektive ist gesellschaftliches Engagement für freiheitliche, soziale und ökologische Themen gefordert.

Was in den 1970er Jahren unter dem Slogan „bildet Banden“ in anarchistischen Kreisen vertreten wurde, vertrete ich heute (ich bin etwas älter geworden) mit dem Aufbau tantrischer Gemeinschaften. Wo mir mit 19 Jahren die inhaltliche Ausrichtung der Gruppe und Gruppenzugehörigkeit klar war, finde ich heute in spirituellen Kreisen mehr ein diffuses Bedürfnis nach Gemeinschaftlichkeit, ohne sich inhaltlich ausrichten zu wollen.

Für die einen möchte ich den spirituellen Aspekt mehr ins Bewusstsein holen, d.h. das Bedürfnis nach Transzendenz und emotionaler Geborgenheit in der Gruppe der Gleichgesinnten. Für die anderen das Bewusstsein für gesellschaftliche und kulturelle Zusammenhänge und die aktive Beteiligung an politischen Entwicklungen. 

Und im Hintergrund möchte ich für alle den Aspekt der Selbstverwirklichung betonen, mit Integration der unbewussten Anteile, Schatten und Verhaltensmuster, von denen einige neurotische Beeinträchtigungen von Lebensqualität verursachen. Hierfür ist das polytheistische Konzept in Verbindung mit einem anarchistischen Umgang mit Autoritäten hilfreich. Götter sind im Tantra Aspekte des Menschseins. Therapeutisch arbeite ich gerne mit systemischen Aufstellungselementen. Solange wir unsere inneren Anteile nicht differenzieren können und uns mit den jeweils vordergründigen Aspekten unseres Verhaltens identifizieren, ist die persönliche Entwicklung eingeschränkt. 

Mich beeindruckt beim Tantra die Möglichkeit, tiefe therapeutische Selbsterfahrungsprozesse zu machen, und Lebensfreude und Lust dabei oder zwischendurch zu haben. Schwerwiegende Trauma oder psychotische Erkrankungen gehören natürlich in die Obhut kompetenter Therapeuten oder Psychiater. Aber die Entwicklung, einfache Macken und neurotische Verhaltensmuster aus dem Freundeskreis zu Therapeuten zu verschieben, sehe ich kritisch. Ich möchte lieber die Freundeskreise sensibilisieren und ausbilden für solche Fragen und da bieten Tantragruppen eine schöne Verbindung von Lebensfreude, Transzendenz und therapeutischen Tools. 

Zurück zu den Gottheiten. Im Gesellschaftlichen Nebeneinander verschiedener Weltanschauungsgruppen hab ich die Vorteile im GWR-Artikel beschrieben. Individuelle Gottheiten als feinstoffliche Wesen zu sehen und mit Bildern und Symbolen zu assoziieren hilft bei der meditativen Ausrichtung und beim Lockern der Anhaftungen an Ich-Konzepte (Ego’s). Wenn es Gottheiten gibt, sind sie untrennbar mit der Existenz von “abgefallenen Gottheiten” verbunden. Diese werden dann Teufel oder Dämonen genannt, sind aber alle himmlischen Ursprungs (in allen heiligen Schriften). Negativ bewertete eigene Eigenschaften mit Bildern und Symbolen zu belegen ist in der Selbsterfahrung hilfreich, so ähnlich wie bei den verehrten positiven Eigenschaften der Gottheiten. Nicht-Anhaftung ist ein hoher Anspruch, in der absoluten Form als Erleuchtung beschrieben. Aber lockere Anhaftung innerhalb der dualen Welt macht das zusammenleben leichter und kann sich in flexiblen Standorten der Gottheiten-Symbolik auf dem persönlichen Altar ausdrücken.